Deutsch-Französischer Freundschaftskreis Hermeskeil-St. Fargeau unterstützt französisches Filmprojekt

 

Einladung zur Filmpremiere am 15.01 2019 nach Compiègne

Jacques, 15 Jahre alt, wurde am 15.02 1942 im Wald von Compiègne, ca. 80km nördlich von Paris, von der deutschen Feldgendarmerie wegen Waffenbesitzes verhaftet. Nach mehreren Stationen in Gefängnissen innerhalb Frankreichs blieb er verschwunden. Seine Mutter Emilia fand in 30 Jahren Suche lediglich heraus, dass er im Juni 1942 ins Lager Hinzert bei Hermeskeil gekommen war. Dieses Lager hatte sie 1978 besucht und sie war bis zu ihrem Tod der Meinung, Jacques sei hier anonym beerdigt.
Nach ihrem Tod fand ihr Neffe Olivier Fély-Biolet, französischer Autor und Filmregisseur, Fotos und Zeitungsausschnitte von diesem Besuch in Hinzert und nahm die Spurensuche sowohl in Deutschland als auch in Frankreich wieder auf. In diesem Zusammenhang wandte er sich auch an den Deutsch-Französischen Freundschaftskreis Hermeskeil-St.Fargeau mit der Bitte, ihn bei seiner Arbeit zu unterstützen.
Bei den folgenden Recherchen – unterstützt durch die Gedenkstätte Hinzert – stellte sich heraus, dass der junge Mann als Nacht-und Nebel-Gefangener nach Hinzert gekommen war. Der Nacht-und Nebelerlass des Oberkommandos der Wehrmacht besagte, dass zur Abschreckung „die Angehörigen und die Bevölkerung über das Schicksal des Täters im Ungewissen“ gehalten werden sollten. Während dieses Aufenthalts verbrachte er wegen einer Pleuritis (Rippenfellentzündung) und wegen der unmenschlichen Haftbedingungen abgemagert auf 42 kg ab Ende Oktober viele Wochen im Krankenhaus Hermeskeil, wo die Nonnen ihn bis Anfang Februar 1943 bis zu einem Gewicht von 55 kg aufpäppelten.
Nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus blieb er nicht mehr lange in Hinzert, sondern wurde, nach Zwischenstation im Gefängnis Diez/Lahn, ins niederschlesische Brieg (heute: Brzeski in Polen) verlegt, wo er Zwangsarbeit in einer Zuckerfabrik verrichten musste. Hier in Brieg verstarb er auch im Winter 43/44 infolge einer Lungenkrankheit, vermutliche Folge der barbarischen Haft- und Arbeitsbedingungen.
Diese Erkenntnis war völlig neu, lautete die offizielle Version der französischen Behörden doch bis dato, J. Lamotte sei am 19.06.1942 in Hinzert/Allemagne verstorben. Dieses Datum ist tatsächlich jedoch das Aufnahmedatum im KZ Hinzert.

Nachdem O. Fély-Biolet sich entschlossen hatte, anhand des Lebenswegs seines Cousins einen Dokumentarfilm über das Schicksal der Nacht-und Nebel-Gefangenen zu drehen, bat er den Vorstand der deutsch-französischen Städtepartnerschaft um weitere Mithilfe. Maria Pink (1. Vors.) und Eberhard Blind (2. Vors.) besorgten in der Folgezeit Drehgenehmigungen in Reinsfeld, Hinzert und Hermeskeil, stellten Kontakt her zu Zeitzeugen und Interviewpartnern, besorgten Rechte zur Übernahme bereits bestehender Filmszenen, waren bei der Quartiersuche für das Aufnahmeteam behilflich und begleiteten im Frühjahr 2018 die Aufnahmen hier vor Ort; E. Blind war zudem bei den Abschlussdreharbeiten in Frankreich.
Zum Dank für die umfangreiche Hilfe, die sich insgesamt über einen Zeitraum von fast 4 Jahren erstreckte hatte, erfolgte eine Einladung zur Filmpremiere am 15.01 2019 nach Compiègne, jenem historischen Ort, wo 1918 auf einer Waldlichtung in einem Eisenbahnwaggon der Waffenstillstand zwischen Frankreich und Deutschland unterzeichnet worden war und wo vor wenigen Wochen der französische Präsident Macron und Bundeskanzlerin Merkel zum 100. Jahrestag eine Gedenktafel enthüllt hatten.
Mehrere hundert geladene Gäste, unter ihnen Film- und Fernsehschaffende sowie Abgeordnete der französischen Nationalversammlung, bildeten den imposanten Rahmen der Erstaufführung dieser 52minütigen Dokumentation mit dem Titel „Ces traces qui restent“ (Diese Spuren, die bleiben), die am 28.01 und 30.01.2019 im französischen Fernsehen (France 3 Hauts-de-France) ausgestrahlt wird.
Besonders bewegt waren die Zuschauer von den Schilderungen der Zeitzeugen, u.a. des Hermeskeilers Kurt Bach, der als Kind die Gefangenentransporte vom Lager zu den Stätten der Zwangsarbeit und zurück beobachtet hatte. Im Anschluss an die Vorführung nutzte eine Vielzahl von Besuchern die Gelegenheit zu Fragen an den Autor und Regisseur. Bei den zahlreichen Gesprächen der Hermeskeiler Gäste mit französischen Besuchern kam immer wieder die Hoffnung zum Ausdruck, dass dieser Film als Mahnung für die jetzige und kommende Generationen dienen könne, wobei im gleichen Atemzug die Skepsis gegenüber dem zunehmenden Rechtspopulismus in Europa zur Sprache kam.
Der Besuch an Geschehensorten des Films sowie der Gedenkstätte im Wald von Compiègne bildeten den Abschluss dieser eindrucksvollen Visite im Zeichen der Völkerverständigung.
Text: E. Blind